Donnerstag, 6. Februar 2014

BWK: Webseiten


www.bwk-bremen:

Vom Leben und Sterben der Bremer Woll-Kämmerei in den Weiten des Internets




   Erster Bericht über die BWK-Webpräsentation in der Werkszeitung "Sir Charles" (Quelle:    Förderverein)


Man sagt, dass in der digitalen Welt nichts vergessen wird und daher im Internet nichts verloren geht. Aber das ist jedoch nur der Eindruck von Usern, die gern Nachrichten verschwinden lassen würden, aber keinen Zugang zu den betreffenden Seiten besitzen und daher keine Änderungen nach ihren Wünschen vornehmen können. Sie müssen sich daher von ihren Jugendsünden bei Saufereien oder wilden Orgien, die sie einem sozialen Netzwerk anvertraut haben, bis ins solide Erwachsenenleben und prinzipiell bis ins hohe Alter verfolgt fühlen.

Voraussetzung für diesen Fluch des Nichtvergessens sind ganz simple irdische Bedingungen. Der Betreiber der Seite, die den nicht mehr gewünschten Inhalt enthält, muss immer brav die Gebühren des Servers bezahlen. 
Diese Bedingung trifft fast zwangsläufig nicht für Unternehmen zu, die zahlungsunfähig geworden sind und ihre Rechtspersönlichkeit verloren haben. Damit droht allen Spuren, die sie selbst ins Internet gestellt haben und von ihnen aktualisiert wurden, die Löschung. Dieses Schicksal hat weitestgehend auch die Domain www.bwk-bremen.de der Bremer Woll-Kämmerei erlitten.

Wenn man diese Adresse aufruft, erscheint nur ein: „Site offline!“. Das ist in der Regel immer dann der Fall, wenn die Domain verkauft werden soll. Dieses Schicksal trifft bereits für die Webseite der australischen Tochter zu, wie man feststellen kann, wenn man unter www.gwc.net.au deren alte Internetpräsenz aufrufen will.

Auch Webseiten können also nicht nur in ihrem Design und ihrem Informationsangebot altern, sondern auch sterben bzw. beim Server abgeschaltet und gelöscht werden.



Das Gedächtnis des Internets: die Wayback Machine




Inzwischen unterscheidet sich das Leben digitaler Daten jedoch deutlich von dem biologischer Organismen. So lassen sich prinzipiell durch eine sogenannte Wayback-Maschine Webseiten so wiederherstellen, wie sie an bestimmten Zeitpunkten bestanden haben. Versucht man einen Vergleich mit dem menschlichen Leben, wird diese Leistung besonders deutlich. Man kann auf diese Weise sogar für inzwischen Tote das frühere Leben wieder so ablaufen lassen, wie es bei der Geburt oder zu verschiedenen späteren Zeitpunkten tatsächlich gewesen ist. Es lässt sich also, wenn man die Zugangsadresse kennt, so etwas wie eine Wiederauferstehung einer Webseite erleben, die man vermisst hat.


Hintergrund dieser Möglichkeiten ist keine digitale Zauberei, sondern das Engagement des US-amerikanischen IT-Spezialisten Brewster Kahle, der seit 1996 mit dem InternetArchive in San Francisco eine Langzeitarchivierung digitaler Daten in frei zugänglicher Form anstrebt.


Brewster Kahle (Quelle: wikipedia)

Dieses Projekt stellt dabei nur einen Teil eines noch erhebliche umfangreicheren Unternehmens dar, das das gesamte Wissen der Menschheit, wie es in digitaler und analoger Form vorliegt, sammeln und frei zugänglich allen Interessierten zur Verfügung stellen kann. (Drösser ) Vorbild für diesen Traum, der inzwischen nach und nach Realität wird, ist dabei die antike Bibliothek von Alexandria, die im 3. Jahrhundert v. Chr. gegründet wurde und bis zu 700.000 Schriftrollen besessen haben soll.

Um der neuen digitalen Bibliothek, die neben den Webseiten auch alle gedruckten Bücher umfassen soll, das Schicksal der Großen Bibliothek von Alexandria zu ersparen, die vermutlich von einem fundamental christlichen Mob verbrannt und so zerstört wurde, das bis heute keine Ruinen gefunden wurden, soll das neue Projekt nicht aus brennbaren Unikaten bestehen. Vielmehr werden die Webseiten sowohl in San Francisco als auch in der im Jahr 2002 eröffneten neuen Bibliotheca Alexandrina gespeichert.





Standort San Francisco (Quelle: wikipeda)













Standort Alexandria (Quelle: wikipedia)












Sein Ziel definiert der Informatiker Kahle folgendermaßen: „Bibliotheken enden meist im Feuer, und oft werden diese Feuer von Regierungen angefacht: manchmal aus politischen, manchmal aus religiösen Gründen, und neuerdings auch aus wirtschaftlichen. Wir müssen eine Bibliothek bauen für alles Material, das veröffentlicht wurde. Und wir müssen dieses Material in jedem Winkel der Welt speichern und sichern, damit es nicht verbrannt werden kann. Ältere, gemeinfreie Bücher einzuscannen, ist weder schwer noch teuer. Doch die ganze Welt profitiert von solchen frei erhältlichen Scans.“ (Mesch)


Archivierte Webseiten in Alexandria (Quelle: Youtube-Video "Destruction of the Library of Alexandria & murdertia of Hypa")



Dank dieser Speicherungen im Online-Archiv lassen sich wichtige Teile der verschiedenen Versionen der Webseiten der „toten“ Bremer Woll-Kämmerei aufrufen, sodass man zumindest weiterhin einen groben, aber lebendigen Eindruck von dieser Selbstdarstellung des Blumenthaler Weltunternehmens erhalten kann.

       Termine der Speicherung von BWK-Webseiten durch das Internet Archiv


Der Start ins Internet


Mit Hilfe der abrufbaren Informationen des InternetArchivs sowie von Artikeln der Werkszeitung "Sir Charles" lässt sich ein grober Überblick über drei Versionen der BWK-Webseiten geben.


Im Juli 1997 konnte die Werkszeitung Sir Charles berichten, dass auch bei der BWK das Papier Konkurrenz bekommen hatte, denn das Unternehmen hatte seinen Auftritt im Internet gestartet. Damit gehörte die Blumenthaler Aktiengesellschaft mit zu den ersten Unternehmen, die in Deutschland mit einem Porträt im Internet vertreten waren. Auf diese Weise stellte sich die BWK einer breiten globalen Leserschaft mit einigen wichtigen Zielgruppen vor, zu denen die Öffentlichkeit generell (Public relations), die Kunden des Unternehmens (Customer relations) und die Finanzwelt und speziell die eigenen Aktionäre (Investor relations) zählten.

Ein Jahr später konnte man dann bereits in der Werkszeitung über erste Erfahrungen mit der Webseite berichten.


Die erste BWK-Webseite im Jahr 1997

            Erste Webseite der BWK von 1997 (Quelle: Archivierte BWK-Webseite)



Der Aufbau der Webseiten lässt sich aus den sieben Menühinweisen am rechten Rand ablesen. Dabei fällt aufgrund der abweichenden Schrift deutlich die Werkszeitung "Sir Charles" auf, der offensichtlich eine ganz besondere Rolle eingeräumt wurde.




Die Profile der Gesellschaften der BWK-Gruppe

          Portal zur global aufgestellten BWK-Gruppe (Quelle: Archivierte Webseiten)


Über den Menüpunkt "Gruppenprofile" ließen sich Informationen zu den 1997 bestehenden Gesellschaften der BWK-Gruppe abfragen, also zu den beiden Kämmereien in Blumenthal und dem australischen Geelong sowie zu den drei Wollhandelsgesellschaften Neues Wollkontor, BWK AustralAsia sowie J.S. Brooksbank in Neuseeland.

Die Bedeutung des neues Standbeins in Victoria wird dabei leicht erkennbar, da die Wollkämmerei in Geelong über eine eigene Webseite verfügte, die ebenfalls archiviert worden ist. Das geschah sogar besonders häufig.




                      Webseite der Wollkämmerei in Geelong (Archivierte GWC-Webseiten)


Ohnehin wurde damals das Licht dieser ersten Expansion ins Ausland, nachdem sich die BWK zuvor über 100 Jahre auf Blumenthal konzentriert hatte, nicht unter den legendären Scheffel gestellt. So kann man auf der archivierten Webseite weiterhin von den Ansprüchen lesen, die man heute vielleicht anders interpretieren muss als sie damals gemeint waren. Sie lauten im "Global Outlook":  „In so many respects, Geelong Wool Combing leads the wool industry worldwide“.


Tägliche und wöchentliche Marktberichte aus Australien



Marktbericht vom 6.9.2000 (Quelle: Archivierte BWK-Webseite)


Ein wichtiger Teil der BWK-Webseite waren tägliche und wöchentliche Marktberichte über die Wollauktionen in Australien. Dabei wurde mit dem Wochenbereich vom 20.11.97 begonnen.


Auf diesen Seiten konnten die Kunden und andere Interessierte jeweils Informationen über die Preise der Wolle von Merinos und Crossbreeds an den Börsen in Sydney und Melbourne finden. Ergänzt wurden diese Daten durch Angaben über die sechs größten Käufer sowie den Aneil der japanischen Händler. So war es zumindest bei Tagesberichten im Jahr 2000.


Investor Relations und Pressemitteilungen


"Ausblick" im Vortrag des BWK-Vorstandsvorsitzenden auf der HV 1997 (Quelle: Archivierte BWK-Webseite)



Wie bei den ersten Webseiten von Unternehmen üblich, wurden vor allem Informationen angeboten, die unter das Stichwort Investor Relations fallen. Dazu zählen neben Zwischenberichten und den jährlichen Geschäftsberichten auch Reden der Vorstandsmitglieder auf Hauptversammlungen. Ein Beispiel sind die Vorträge der drei Vorstandsmitglieder aus dem Jahr 1997, die weiterhin im Internet zur Verfügung stehen.

Begonnen wurde dieser Bereich für die Finanzwelt und die eigenen Aktionäre mit dem Zwischenbericht über das zweite Halbjahr 1996. 


       Zwischenbericht des zweiten Halbjahres 1996 (Quelle: Archvierte BWK-Webseite)



Ergänzte wurden die Angebote, die sich vor allem an das eigene Aktionariat und generell Investoren wandten, durch Pressemeldungen, die üblicherweise ebenfalls kursrelevant sind und daher von börsennotierten Gesellschaften veröffentlicht werden müssen.


Durch die Zusammenstellung auf der BWK-Seite muss man diese alten Mitteilungen nicht erst in den Weiten des Internets suchen, sondern kann die offiziellen Meldungen zu wichtigen Ereignissen wie der Aufbruchstimmung 1997 und dem Einstieg von Elders im Jahr 2000 noch heute in der ursprünglichen Form nachlesen.


                       BWK-Geschäftsbericht 1999 (Quelle: Archivierte BWK-Webseiten)


Die Werkszeitung "Sir Charles"



    Titelseite der Ausgabe 3 der Werkszeitung "Sir Charles" (Quelle: Archivierte BWK-Webseiten)



Ein ganz besonderes Angebot der BWK-Webseiten waren die Ausgaben der Werkszeitung "Sir Charles", die man seit der Ausgabe vom Dezember 1996 im Internet abrufen und lesen konnten. Auch noch sind dank des Internet-Archivs weiterhin die Ausgaben 31, 32, 33, 34, 35 und 36 leicht zugänglich. Bei der Lektüre zeigt sich, dass die digital gespeicherten Farben deutlich besser die Jahre überstanden haben als die auf Papier konservierten.




Der Umweltschutz als Thema der Unternehmendarstellung

Die Relevanz, die das Management der BWK dem Umweltschutz und nicht zuletzt den Erfolgen der BWK bei der Klärung des Abwassers beigemessen hat, zeigt sich an einem recht unüblchen Beispiel So wurde ein Aufsatz von Rainer Hoffmann, Günter Timmer und Klaus Becker über „Die umweltfreundliche Produktion von Wollkammzügen - Abwasserbehandlung bei der BWK" vollständig ins Netz gestellt. Darin kann ein interessierter Leser in den Tabellen erkennen, welche Fortschritte der BWK bei der Klärung des Abwassers im Zeitraum 1982 - 1995 gelungen sind. Damals konnte immerhin beispielsweise die Belastung mit Stickstoff, Phosphat und Pestiziden ganz erheblich gesenkt werden, sodass es verständlich ist, wenn das Unternehmen diesen Erfolg sogar auf seiner Webseite im Internet dokumentiert hat.

    Tabelle aus einem Umweltaufsatz von Mitgliedern des BWK-Managements (Quelle: Archvierte          BWK-Webseiten)



Weitere Beiträge beziehen sich auf eine Pressekonferenz am 6. Juli 1995 im Hause der BWK, als das Unternehmen für seine Produkte das Zertifikat nach Öko-Tex Standard 100 erhalten hatte und gleichzeitig eine Broschüre mit dem Titel "Wolle und Umwelt" vorlegen konnte, in der die Umweltmaßnahmen der BWK vorgestellt wurden, die dieses Zertifikat erst ermöglicht hatten.


Der Kontakt zur BWK



Unter dem Menüpunkt „Kontakt“ konnte der Leser schließlich noch über eine Folie Fragen an die BWK schicken und die Unternehmensbroschüre der BWK-Gruppe, den aktuellen Zwischenbericht und Geschäftsbericht sowie die Broschüre „Wolle und Umwelt“ per Postversand bestellen, also als gedruckte Ausgaben.


Die Nutzer des Internetangebots




Nach etwa einem Jahr wurden die Nutzerdaten für die Webseite der BWK ausgewertet. Dabei stellte man fest, dass pro Monat etwa 7.500 bis 8.000 Zugriffe auf die Webseite erfolgten (Sir Charles, 38. S. 8).

Dabei muss man berücksichtigen, dass damals das Internet noch nicht die heutige Verbreitung hatte und daher die Nutzerzahl entsprechend geringer ausgefallen ist. Heutige Vergleichswerte für andere Unternehmen aus der Bremer Region wie die BLG Logistics Group, d.h. die frühere Bremer Lagerhausgesellschaft, und dem Raumfahrt- und Technologekonzern OHB können dennoch mit monatlichen Seitenaufrufen, die in letzter Zeit zwischen 8. 700 und 2.100 liegen, nicht in jeden Fall damit konkurrieren, da sie kein vergleichbares internationales Publikum besitzen.

Da die meisten Aufrufe der BWK-Seite zwischen 8 Uhr und 8 Uhr, also während der üblichen Arbeitszeiten, erfolgten, konnte man von einer vorwiegend geschäftlichen Nutzung ausgehen. Dieser Eindruck wurde durch die Konzentration auf die Wochentage Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag bestätigt, da es sich hierbei um die Tage handelt, an denen in Australien Rohwollauktionen stattfinden und daher auf der Seite neue Marktberichte erscheinen konnten.


Auch wenn mit 36 % die meisten Nutzer aus Deutschland kamen, besaß die Seite eine sehr internationale Leserschaft, die sogar bis nach Weißrussland, Namibia und Nepal reichte, denn Schafe werde fast überall gezüchtet, sodass die Wollpreise hier wichtige geschäftliche Informationen darstellen. Dieses Flair besitzen die erwähnte OHB AG und die BLG Logistics Group nicht, sodass ihre Nutzer sich zu 71% bzw. 41% stärker auf Deutschland konzentrieren (vgl. alexa.com am 4.2.2014)

Daher kann es nicht überraschen, wenn bei der BWK-Webseite mit 8,3 % viele User aus Australien stammten, denn hinter dieser Zahl werden vor allem Wollfarmer vermutet.

Neben diesen geschäftlichen Nutzungen machte die Webseite mit der Publikation der Werkszeitung „Sir Charles“ zumindest teilweise ein Angebot, in dem auch die Unterhaltung nicht zu kurz kam und Leser auch in einer Sprache erreicht werden konnten, die nicht nur für akademisch vorgebildete Fachleute verständlich war. Immerhin wurden diese Zeitungsausgaben von etwa jedem achten Nutzer der BWK-Seite aufgerufen. Das dürfte für die Homepages von Unternehmen ein ungewöhnlicher Wert sein, da nur wenige AGs ihre Werkszeitungen überhaupt in ihr Informationsangebot im Internet aufnehmen.



Innovation in Blau: Die HP-Version von 2002


               Geliftete BWK-Webseite von 2002 (Quelle: Archivierte BWK-Webseiten)



Auch wenn Bits und Bytes keine Falten bekommen und auch sonst nicht altern, gilt das nicht in gleicher Weise für Webseiten, die immer auch wie eine Visitenkarte zeigen sollen, dass ein Unternehmen auf der Höhe der Zeit ist. Das geschieht nicht zuletzt durch ein aktuelles Webdesign.


In einem Update präsentierte sich so die BWK ab 2002 mit einer neu gestalteten Webseite. Dabei griff man auf das aus den damals neuen Anzeigen bekannte dunkle Blau und eine graue Schrift zurück, um dadurch einen hohen Wiedererkennungswert zu erreichen.

Beim ersten Aufrufen der Seite weckte dann eine Flash-Animation die Aufmerksamkeit des Nutzers, wenn sich aus dem BWK-Logo heraus eine Fotomontage öffnete, die den Weg der Wolle vom Schaf über die Kämmerei bis zum Kammzug darstellte.

Wenn der User die Sprache, also Deutsch oder Englisch gewählt hatte, gelangte er zu einem Themenmenü, das weitestgehend der ersten Version der BWK-Homepage entsprach. Angeboten wurden Informationen zur Geschichte der BWK, zum Konzern und seinem Profil, Marktberichte, Investor Relations, Pressemitteilungen, die Umweltthematik und die Rubrik „Kontakt“.

Die inhaltliche Ergänzung bestand damit, sieht man einmal von der zeitlichen Fortführung der Informationen über Wollpreise, Pressemitteilungen und Geschäftsberichte ab, vor allem in den Seiten über die Geschichte der BWK und eine ergänzend Anfahrtsskizze bei den Kontakten. (Sir Charles 53, 5)



                   Webseiten von 2002 (Quelle: Sir Charles (Förderverein))



Die BWK-Webseite nach der Einstellung der Produktion

Nach der Einstellung der Produktion von Kammzügen in Blumenthal wurde eine angemessene Revision der Webseite notwendig, da einige Themen ihre Bedeutung völlig verloren hatten. Dazu zählten die Investor Relations-Beiträge, da es keine an einer Börse gelisteten BWK-Aktien mehr gab. Auch war inzwischen die BWK-Gruppe deutlich kleiner geworden.

So wurden die alten Kunden vor allem über den weiteren Bezug der Wollkammzüge, Filzfreien Kammzüge, Waschwolle, Karbonisierten Wolle, Rohwolle, Kämmlinge, Organic Wool, Chemiefaserkammzüge und der Mischkammzüge informiert. Bei der „Organic Wool“ handelte es sich um „Wollen aus kontrolliert biologischer Tierhaltung“.

Im Laufe der Zeit ging dieser "Ausverkauf" dann in einen neuen Handel bei Nachfolgegesellschaften über.


Das waren die Folgen der Kernnachricht, die die letzte Version der BWK-Webseiten im historischen Teil sachlich und emotionslos mitteilte:

„Die Wollkammzugproduktion ist am 27. Februar 2009 eingestellt worden. Die Filzfreiausrüstung stellte die Produktion am 31. August ein. Sämtliche Maschinen sind zum Ende des Jahres verkauft und abgebaut. Zurück bleiben leere Hallen. Zum Ende des Jahres scheiden die letzten Mitarbeiter aus. Es bleibt ein kleines Team, das in 2010 die restliche Abwicklung vornimmt.“


Die Geschichte der Bremer Woll-Kämmerei


               Erste Seite zur Geschichte der BWK (Quelle: Privat archvierte BWK-Webseiten)



Durch diese Entscheidung des Alleineigentümer Elders gewann eine Seite besondere Beachtung, die bis dahin eher ein Schattendasein geführt hatte: die Historie des Unternehmens, das einst so stolz auf seine Tradition und bemerkenswerte Vergangenheit gewesen war.

Davon ist jetzt nur noch ein kompakter Überblick geblieben, der immerhin weiter unter dem Menüpunkt "Historie“ über das InternetArchiv zur Verfügung steht. 

Für die  historischen Webseiten wurde die Geschichte der BWK in die acht Abschnitte


- Planung und Bau der Bremer Woll Kämmerei,

- Geschichte der BWK bis zur Jahrhundertwende,

- Krisenjahr 1900 und die Veränderungen,

- Auswirkungen des Weltkrieges, der Revolution und der Inflation auf die BWK,

- Weltwirtschaftskrise und die Zeit bis zur Machtergreifung,

- Machtergreifung Hitlers und der 2. Weltkrieg,

- Wandel der BWK sowie

- Jüngste Geschichte der BWK

untergliedert. Hier lassen sich weiterhin wichtige Meilensteine der Entwicklung dieser einst größten Wollkämmerei der Welt abrufen, sodass der interessierte Leser einen schnellen Überblick über einen Zeitraum von über 120 Jahren zwischen der Planung und Gründung des Unternehmens bis zu seiner Schließung erhält.



Service-Angebote

In dieser letzten Version der BWK-Webseiten wurden aus gegebenem Anlass im aktuellen Bereich vor allem Hinweise über den weiteren Bezug der Produkte nach der Einstellung der Produktion in Blumenthal erteilt.

Daneben findet man jedoch auch zwei Informationsangebote, die einerseits die Vorzüge von Wolle gegenüber anderen Textilfasern auflisten und andererseits die Schritte beschrieben, in denen in einer Wollkämmerei wie der BWK Kammzüge hergestellt wurden. Das sind zweit fast zeitlose Beiträge über die Wolle und die Kammzugproduktion, die damit auch nach der Schließung des Blumenthaler Werkes weiterhin ihre Bedeutung behalten.




            Artikel über die Herstellung von Kammzügen (Quelle: Archivierte BWK-Webseiten)



Die Bedeutung gespeicherter Webseiten der BWK



Dank der Initiative von Brewster Kahle und der Arbeit des von ihm begründeten InternetArchivs lässt sich weiterhin ein Überblick über drei Versionen der Webseiten der ehemaligen Bremer Woll-Kämmerei gewinnen. Das war zumindest die Absicht der vorangegngenen Abschnitte. Allerdings sind die Seiten keineswegs vollständig gespeichert. Das erfährt ein interessierter Leser immer dann, wenn er über einen Menüpunkt weitere Details erfahren will.


        Rückmeldung auf viele Anfragen zu einzelnen Webseiten 
                                 von www.bwk-bremen.de bei www.arch.og.



In diesen Fällen kann man rasch auf die unangenehmen Effekte von Murphys Gesetz, nach dem zumindest in unserer Wahrnehmung das Marmeladenbrot immer auf der Marmeladenseite landet oder alles, was schiefgehen kann, auch tatsächlich schiefgeht. Mit anderen Worten wird man in Fällen, in denen man eine angeforderte Information dringend benötigt, mit der Meldung "Ressource ist nicht im Archiv" rechnen müssen, und zwar in roter Schrift und auf Deutsch.

So wird man immer wieder schmerzlich erfahren, dass die Erhaltung der Webseiten nicht vollständig ist. So fehlen nicht zuletzt Dokumente, die sich an anderen Stelen schlecht oder gar nicht finden lassen, da sie üblicherweise als Zeitdokumente nur in geringer Auflage auf Papier gedruckt wurden. Beispiele sind hier die Reden der BWK-Vorstandsmitglieder, die sie auf den Hauptversammlungen gehalten haben. Hier sind nur die aufschlussreichen Vorlagen aus dem Jahr 1997 vorhanden. 

Ohnehin ist es schwierig, eine Bestandsaufnahme der fehlenden Beiträge aufzustellen, da die zweite Version der BWK-Webseiten keine Einblicke in die früher vorhandenen einzelnen Seiten erlaubt. Hier lässt sich also nicht feststellen, welche Informationen mit den Webseiten verloren gehen, da sie an keiner anderen Stelle existieren.

Es geht jedoch nicht nur um die Suche nach einzelnen Webseiten mit ihren speziellen Informationen. Einen Eindruck von der Situation der BWK, von den Prioritäten und Problemen, die hier vor gut einem Jahrzehnt vor allem das Management gesehen hat, vermittelt vor allem auch der Aufbau der Webseiten insgesamt. Er kann zeigen, was damals bei der BWK, wenn man einen Vergleich mit anderen Unternehmenswebseiten zieht, für wichtig gehalten wurde und was weniger. 

Um diese Hintergründe kennenzulernen, sind die alten Webseiten nicht nur ganz generell ein anschauliches Medium, das andere Möglichkeiten nutzt als Geschäftsberichte und die Werkszeitung "Sir Charles". Im konkreten Fall resultiert die Bedeutung nicht zuletzt aus der Zeit, über die die Webseiten Auskunft geben. Es sind die Schicksalsjahre dieses großen Blumenthaler Unternehmens, in denen für die Werkszeitung offenbar kein Geld mehr ausgegeben werden konnte; denn die letzte und vom Umfang her bereits nur noch recht dünne Ausgabe ist im Mai 2005 erschienen. Die dritte Version der Webseiten stammt hingegen aus dem Jahr 2008. Hier könnte man also eine Informationslücke schließen, wenn weitere Teile dieser digitalen Unterlagen wieder zugänglich werden. 

Dabei kann allerdings der Rat, den die Seite des InternetArchivs gibt, nicht helfen. Dort wird vorgeschlagen, die Adresse der Seite einzugeben, die man gern für die Zukunft gespeichert haben möchte. Das ist jedoch bei der BWK nicht mehr möglich, denn hier lassen sich die Seiten nicht mehr aufrufen und damit eine Adresse ermitteln. Vielmehr enden die Versuche mit dem deutlichen Hinweis: "Site off".

Die Bedeutung dieser Aussage lässt sich erkennen, wenn man einen entsprechenden Versuch mit der Webseite der Kämmerei in Geelong macht. Die Aussage, dass eine Webseite nicht erreichbar ist, bedeutet nur selten eine kurzfristige Störung. Vielmehr ist sie häufig ein Vorbote für einen Verkauf der Domain. 

                                Screenshot der Webseite der ehemaligen GWC am 4.2.2014

Wie das Beispiel aus Geelong zeigt, kann man sich dann an Zwischennutzungen mit diversen Angeboten oder Bildern vom hohen Freizeitwert der australischen Corio-Küste erfreuen. Für die Informationen der alten Webseiten verheißt das jedoch nichts Gutes. Ein potenzieller Käufer wird schließlich sein Geld wahrscheinlich nicht ausgeben wollen, um eine alte Webseite wiederzubeleben. Er wird die Domain für andere Zwecke nutzen wollen. Das kann für die vermutlich noch gespeicherten digitalen Informationen nach der Abschaltung auch die endgültige Löschung bedeuten.

Dabei zeigt sich dann ein Unterschied gegenüber Dokumenten auf Papier, die zwar brennen können, wie das Beisiel der Großen Bibliothek in Alexandria eingangs vor Augen geführt hat. Aber gedruckte Unterlagen sind üblicherweise keine Unikate, ihre Inhalte können damit anders als die handgeschrieben Manuskripte in der Antike sogar Brände überstehen. 


Diese Überlebenschancen gelten für die elektronischen Medien jedoch nicht immer in diesem Ausmaß. Wenn ein Kunde seine Rechnungen beim Server nicht bezahlt, besteht die Gefahr, dass die Daten irgendwann gelöscht werden. Falls sie bis dann kein anderer interessierter und engagierter Archivar gespeichert hat, sind sie damit verloren und zwar für immer.

Auch wenn Bits und Bytes nicht wie Papyros in Flammen aufgehen können, benötigen Webseiten wie die der BWK also die aktive Pflege durch Archivare, die auch an kommende Generationen authentische Informationen über die BWK und vor allem ihre kritischen letzten Jahren weitergeben wollen, die teilweise nur in diesem damals noch neuen und für eine Konservierung so wenig griffigen Medium vorhanden sind.





Quellen:

Drösser, Christoph, Das digitale Alexandria, in: Die Zeit vom 17.01.2008.
Kottusch, Nico, Schuster, Julia und Mix, Ronny, Zielgruppen der Investor Relations, Hochschule für Wirtschaft und Technik, WS 2009-10.
Mesch, Stefan, "Wir sind die Open Generation!", in: Die Zeit vom 2. April 2012.
Nowak, A., Investor Relations, Hochschule Magdeburg-Stendal, WS 2005-6.
NN, Im Internet, in: Sir Charles, 33, S.1.
NN, Angeklickt: www.bwk-bremen.de. Wer nutzt die BWK-Internetseite?, in: Sir Charles 38, S.8.
NN, BWK: Im Internet. Öfter mal was Neues, in: Sir Charles 53, S. 3.
Unternehmenspräsentation im Internet, in: e:f@cts vom Oktober 2002.


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